Studie zeigt erhöhtes Anfallsrisiko nach Wechsel auf wirkstoffgleiches Epilepsiemedikament eines anderen Herstellers

In Deutschland leiden etwa 800.000 Menschen an wiederkehrenden epileptischen Anfällen. Die Betroffenen werden medikamentös mit Antikonvulsiva behandelt; ca. zwei Drittel der Patienten können mit dieser Therapie erfolgreich eingestellt werden und bleiben langanhaltend anfallsfrei. Dass nicht nur der Wechsel von Substanz zu Substanz problematisch ist, sondern schon der Wechsel von der einen Substanz eines Herstellers zu der gleichen Substanz eines anderen Herstellers (z. B. von Originalpräparat auf ein Generikum oder von einem Generikum auf ein anderes Generikum oder auch von einem Generikum zu einem Originalpräparat), ergab eine kürzlich veröffentlichte Studie. Ausgewertet wurden die Daten von 30.000 Epilepsie-Patienten, die von 163 Neurologen in Deutschland behandelt wurden. Die Untersuchungsergebnisse zeigten, dass sich das Risiko von wiederauftretenden epileptischen Anfällen bei bis dato anfallsfreien Patienten nach dem Wechsel auf die gleiche Substanz eines anderen Herstellers um über 30% erhöhte. Davon schienen insbesondere ältere Patienten betroffen zu sein. Ein Hersteller-Wechsel im Praxisalltag ist demnach nicht unkritisch, so die Studienautoren.

Das Studienergebnis stellt behandelnde Neurologen vor ein Problem „Wie alle Ärzte unterliegen wir dem Wirtschaftlichkeitsgebot und versuchen, möglichst häufig die kosteneffizientesten Präparate einzusetzen. Doch jeder Herstellerwechsel bei einem Antikonvulsivum kann zu Anfallsrezidiven führen, was wir natürlich zum Wohl unserer Patienten vermeiden möchten“, erklärt Prof. Dr. med. Hajo M. Hamer, Universitätsklinikum Erlangen, 1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie, die zu dieser Thematik jetzt eine Stellungnahme „Herstellerwechsel bei Antikonvulsiva” publiziert hat. Sie gibt u. a. Neurologen praktische Vorschläge an die Hand, wie Präparatsumstellungen im Praxisalltag einerseits möglichst vermieden, andererseits bestmöglich medizinisch begleitet werden können.

Originalpublikation: Lang JD, Kostev K, Onugoren MD et al. Switching the manufacturer of antiepileptic drugs is associated with higher risk of seizures: A nationwide study of prescription data in Germany. Ann Neurol. 2018 Dec; 84 (6): 918-925.

Quelle: PI DGN

(bd)
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