Epileptische Enzephalopathien sind schwer verlaufende Epilepsien, bei denen die Epilepsie sowie ausgeprägte epileptische Aktivität im Gehirn zu einer zunehmenden und über die Problematik der Epilepsie hinausgehenden Schädigung von Hirnfunktionen führt. Meist beginnen sie in den ersten Lebensjahren. Sie sind gekennzeichnet durch einen therapieschwierigen Verlauf sowie zahlreiche Begleiterkrankungen (Quelle: Arbeitsgruppe Pädiatrische Epilepsiegenetik, Klinik für Neuropädiatrie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein). Ein Beispiel für eine frühkindliche epileptische Enzephalopathie ist das Dravet-Syndrom. In etwa 80 % der Fälle sind hier Mutationen am Natriumkanal-Gen SCN1A zu finden. Wissenschaftler aus Paris und Würzburg haben kürzlich eine weitere Genveränderung gefunden, die Ursache für eine epileptische Enzephalopathie im frühen Kindesalter ist. Und zwar entdeckten sie im Erbgut von etwa 200 betroffenen Kindern, bei denen Mutationen im SCNA1-Gen bereits ausgeschlossen worden waren, in 6 Fällen Mutationen am Ionenkanal-Gen HCN1. Auch wenn die Krampfanfälle bei Kindern mit HCN1-Mutationen zu Beginn kaum von denen des Dravet-Syndroms zu unterscheiden sind, so ist der weitere Verlauf der Erkrankung in einigen Punkten doch etwas anders: „Es kommt dann vermehrt zu atypischen Anfällen. Alle betroffenen Kinder zeigen eine Intelligenzminderung und Verhaltensstörungen, autistisches Verhalten eingeschlossen“, so Prof. Dr. Thomas Haaf, Institut für Humangenetik, Universität Würzburg. Der Experte fügt hinzu, dass die Entdeckung der neuen Genveränderung zu einem besseren Verständnis der molekularen Krankheitsursachen bei der Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze beitragen kann. „…zum Beispiel von Medikamenten, welche die HCN1-Ströme spezifisch beeinflussen. Schon jetzt ermöglichen die Ergebnisse, bei dieser meist sporadisch auftretenden sehr schweren frühkindlichen Erkrankung die richtige Diagnose zu stellen und die Eltern bei der weiteren Familienplanung genetisch zu beraten.“
(drs)
Mitteilung der Julius-Maximilians-Universität WürzburgZurück zur Startseite