Therapierelevanz von Gendefekten bei schwer behandelbaren Epilepsien entdeckt
Eine seltene, aber wichtige Ursache kindlicher Epilepsien und anderer neurologischer Erkrankungen und Entwicklungsstörungen sind Mutationen im Natriumkanal-Gen SCN2A. Ein internationales Forschungsteam um Dr. Markus Wolff, Leitender Oberarzt der Abteilung Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Tübingen und Prof. Holger Lerche, Ärztlicher Direktor der Tübinger Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie und am Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung der Universität Tübingen, haben herausgefunden, dass die Art der SCN2A Mutationen wichtig ist für die Behandlung der betroffenen Patienten. Durch eine funktionelle Charakterisierung der Effekte einzelner Mutationen konnten die Experten den zugrunde liegenden Mechanismus aufklären. Die Untersuchungen zeigten, dass SCN2A Mutationen entweder eine Überfunktion oder eine Unterfunktion des Natriumkanals bewirken können. Überfunktionen, die nur bei frühem Krankheitsbeginn zu finden sind, werden demnach durch Natrium-Blocker deutlich abgemildert. Unterfunktionen, die mit einem späten Krankheitsbeginn einhergehen, werden hingegen verstärkt. Der Therapieeffekt bei einer SCN2A-Mutation ist also durch den Krankheitsbeginn und die Art der Epilepsie sehr gut vorhersehbar. „Dies ist vor allem für Neugeborene und Säuglinge mit schweren und häufigen Anfällen sehr wichtig, die rasch der richtigen Therapie bedürfen“, erklärte Wolff. Da SCN2A-assoziierte Epilepsien sich häufig bis ins Erwachsenenalter fortsetzen, kann dies auch für Erwachsene relevant werden, die beispielsweise allein durch das Absetzen der falschen Medikamente profitieren können. „Die Genetik eröffnet uns damit eine neue Ära in der Behandlung von Epilepsiepatienten, ganz im Sinne einer nach dem Gendefekt individualisierten Behandlung“, schlussfolgerte Lerche.
(bd)
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